Am Morgen in der Früh, wenn der Tau noch auf den Bergblumenwiesen liegt, werden die Kühe in den Stall gerufen. Diese kleine Herde besteht an diesem Morgen aus 5 Tieren. Eine ältere und 4 jüngere Kühe. Auch wenn sie noch nicht lange in dieser Zusammenstellung bestehen, ist die Rangordnung glasklar aber die älteste Fiorda will ihre Führung trotzdem immer wieder mit leichten Seitenhieben bestätigen. Mindestens einmal habe jede bereits gekalbert. Sie sollten nun alle wieder tragend sein und so einen Kreislauf bilden.
Die restliche Kuhherde, alle Originalbraune mit Hörner, ist einiges grösser. Unter den 66 Kühen (von verschiedenen Bauernbetrieben) welche auf der Lüsch-Alp verweilen, sind auch 7 Tiere von Mariann und Bruno vom Hof Inderbitzin. Weitere Tiere der gesamten Herde sind insgesamt auf 4 Alpen verteilt. Im Herbst kommen alle wieder nach Hause in den Stall nach Flerden. Die Führung der Herde übernimmt dann wieder die Leitkuh Giara.
Nun, die anfangs erwähnten 5 Damen warten auf die Weiterreise nach Splügen. Sie werden den Sommer über auf der Alp Tambo verbringen. Auf welchen Weiden Kühe und Kälber wann fressen dürfen, muss gut überlegt werden. Welche Wiese soll abgeweidet und welche saftigen Bergblumen und Kräuter zu Heu verarbeitet werden. Diese 5 Tiere weiden nun beim «Bort», bis sie auf die Alp gehen dürfen. Dort dürfen sie bis Ende August die Alpkräuter geniessen und die Milch wird zum Alpkäse verarbeitet.
Mariann holt die Kühe von der Weide hinter dem Maiensäss. Die Damen lassen sich Zeit. Gemächlich laufen sie zum Stall, davor wird gestoppt. Der Leihe könnte meinen, dass es kurz davor zum Stau kommt. Doch der Grund ist ein anderer, die Reihenfolge stimmt nicht und die Leitkuh muss als erstes in den Stall. Alles muss seine Ordnung haben. Jetzt stehen sie im Stall und kauen vor sich hin. Friedlich und fast schon meditativ ist der Klang der kauenden Kühe. Sie stehen so entspannt und ruhig da, dass sogar kein laut aus den umhängenden Kuhglocken zu hören ist.
Mariann und Bruno sind ein eingespieltes Team. Jeder Handgriff sitzt. Mariann hat sich den Melkstuhl um- und Bruno die Tiere angebunden. Mit feiner Holzwolle werden die Zitzen gereinigt und angeregt, «Anrüsten» sagt sie. Diese Wolle wirkt antiseptisch und seit Urzeiten werden frische feine Holzspäne verwendet. Sogar das Ausland habe dies bei den Schweizern gesehen und für sich übernommen, schmunzelt Mariann.
Das Euter ist voll, die Zitzen fühlen sich jedoch leer an. Mariann säubert sie, reibt sanft mit der Holzwolle das Ende der Zitze und macht anschliessend 2-3 Melkbewegungen, um die Zitze anzuregen und zu füllen. Tatsächlich fühlt sich diese danach etwas fester und gefüllt an. Das Anregen der Zitze wird dem Kalb nachempfunden. Bevor es zu saugen beginnt, stupft es, nicht immer sehr sanft, die Zitzen und das Euter an und startet so den Milchfluss.
Jetzt wird bei jeder der vier Zitzen die Melkmaschine angesetzt. Diese melkt nun ca. 10 min., je nach Kuh und Milchvorkommen. Bei der Leitkuh wird der Milcheimer direkt nach dem Melken durch ein Sieb in die grosse Milchkanne beim Auto gelehrt. Schön schaumig und warm ist die Milch. Bei den jüngeren Kühen werden gleich zwei gemolken und die Milch in die Kanne um geleert. Man merke, wenn die Kühe am Morgen zuvor auf einer frischen Wiese fressen durften. Frisches reichhaltiges Futter ergibt nach ca. 24 Stunden etwas grösseren Milchertrag.
Es geht eine Kuh weiter… Bei jeder Kuh werden zuerst die vier Zitzen gereinigt, angeregt, 2-3 Melkbewegungen gemach und die Milchmaschine angesetzt. Dann ca. 10 min gemolken und schon kommt die nächste an die Reihe. Es scheint, als ob die Kühe dies geniessen. Dies sei auch so, erklären die Besitzer. Nach dem Melken ist das Euter schlaff, faltig und weich, zuvor war es straff, voluminöser und voller Milch.
Sobald alle Milch in der Kanne ist, wird diese ins Auto verladen um danach auf dem Hof gekühlt und weiterverarbeitet zu werden. Einmal in der Woche wird eine Milchprobe eingeschickt, um die Qualität zu prüfen. Die Gerätschaften werden vor Ort gereinigt und für das nächste Mal am Abend weggeräumt. Die Tiere dürfen wieder auf die Weide. Erneut gemächlich und ohne Hast trotten sie auf die Weide vor dem Stall.
Da es von den fünf Kühen nicht eine grosse Menge Milch gab, wird Butter daraus gemacht. Dafür wechseln wir den Schauplatz und den «Ort des Geschehens» und sehen uns auf dem Bauernhof in Flerden wieder.
Bis bald beim nächsten Bericht!
Hof Inderbitzin am Wochenmarkt in Thusis
Alp-Käse, Weissschimmel-Käse, Joghurt, Butter – Eine Auswahl wird Freitag Vormittags auf den Wochenmarkt in Thusis vor dem Coop verkauft.