Wie wird eigentlich aus der Milch Butter? Wieso ist die Alpbutter so gelb und schmeckt leicht säuerlich? Ein Besuch bei Mariann und Bruno Inderbitzin auf dem Hof in Flerden bringt Klärung!
Zuerst jedoch noch einen skizzierten Rückblick des letzten Berichtes «Milch».
Sie stellen heute Butter her. Dazu haben sie die ganze Woche, täglich 4-5 Liter Rahm von der frischen Rohmilch abgeschöpft. Nach dem Melken werde die warme Milch in der grossen Kanne in den Brunnen gestellt, um herunter gekühlt zu werden. Man dürfe den Deckel nicht ganz schliessen, da die Milch versticken könnte. Es sei ein lebendiges Produkt. Am nächsten Tag könne dann ein Teil des Rahmes für die Butterherstellung abgeschöpft werden. Um zu käsen, sei es besser nicht den ganzen Rahm in der Milch zu lassen. Es gebe besseren Bergkäse, erklärt der Käser.
Bruno habe den Rahm pasteurisiert und mit Säurewecken angesäuert. Für die Pasteurisierung wurde der Rahm auf 75°C aufgewärmt und für 15 Sekunden auf dieser Temperatur gehalten. Danach wurde er wieder auf 30°C abgekühlt und eingesäuert. Nach 24 Stunden ist der Rahm bereit für das Butterfass. Er ist nun dickflüssig und es riecht frisch nach Sauercreme.
Das Butterfass ist aus Holz und wird vor der Nutzung mit kaltem Wasser ausgespült. Jetzt leert Bruno den ca. 20 Liter angesäuerten Rahm in das Butterfass. Der Rahm wird ca. 15 min. geschlagen. Man müsse aufpassen, dass man die Butter nicht «verschlage». Es gebe ein kurzes Zeitfenster, in welchem die Körnung des Butters für die Weiterverarbeitung perfekt sei. Auf der Mühle gibt es ein kleines rundes Sichtfenster. Dort sehe er, wenn sich aus dem Rahm, Buttermilch und Butter gebildet habe. Die Flüssigkeit werde heller (wässriger) und man könne teilweise wieder durch das Fenster hindurchsehen.
Bruno startet die Maschine und muss das breite Umlenkband von Hand zum Drehen bringen. Das Butterfass läuft und rattert im Gleichton vor sich hin.
Er habe bereits als Kind auf der Alp von Hand mit einem runden Holz-Butterfass aus Rahm Butter gemacht. Dort arbeitete er nach Gehör und Gefühl. Wenn die Butter fertig sei, gebe es wie einen Leerlauf beim Drehen, da alles an der Aussenwand kleben bleibe. Dort löse sich die Butter in grossen Fetzen und falle in die Buttermilch, was ein «Platsch-Geräusch» ergebe.
Aus 200 Liter Milch können sie rund 1,5 kg Butter und 20 kg Käse herstellen. Je nach Jahreszeit und welche Kräuter und Blumen die Kühe fressen, habe die Butter einen anderen Farbton. Im Frühling sei die Butter beispielsweise viel gelber. Im Moment könne man direkt bei den Alpen frische Alpbutter und Käse kaufen. Die Alpbutter unterscheidet sich im Aussehen und Geschmack von der Butter, die im Laden zu kaufen sei. Sie ist leicht säuerlich und habe eine hellgelbe Farbe. Beim Backen und Kochen verflüchtigt sich die säuerliche Note. Es bestehe eine grosse Nachfrage für dieses nachhaltige Produkt. Früher haben sie die Butter abgeliefert. Doch weil für den Weg des Produktes dem Lieferanten etwas gezahlt werden musste und der Preis für die Butter sehr niedrig war, musste eine andere Lösung gesucht werden. Es sei schön, dass immer mehr Konsumenten die Direktvermarktung ab Hof schätzen und dort einkaufen. Bei der Milchwirtschaft sei viel Herzblut und Leidenschaft dabei. Es scheint so, als ob die Politik sich grössere Betriebe wünsche, was jedoch mit grösserem finanziellen Risiko daherkomme. Mit einem Familienbetrieb müsse man sehr überlegt wirtschaften und alle müssen anpacken.
Die Zeit ist fast um und die Flüssigkeit im Butterfass hat sich verändert, was man gut durch das Sichtfenster erkennen kann. Prüfend schaut Bruno die Körnung der Butter an und entscheidet nochmals für eine kurze Zeit die Mühle drehen zu lassen. Für den Laien ist nicht ersichtlich, was sich verändert hat. Der erfahrene Käser sieht den Unterschied und ist mit der Konsistenz danach zufrieden. Die Butterkörner haben eine schöne gelbe Färbung und die Buttermilch ist klarer geworden. Er lässt nun die Buttermilch durch ein kleines Sieb in einen Eimer ablaufen. Sie schmeckt frisch, leicht und wirkt durstlöschend. Auf der Alp wird die Buttermilch den Alpschweinen verfüttert. Er lässt kaltes Wasser in die Mühle laufen und dreht das Rad nun nur noch langsam von Hand. Er klärt so die Buttermilch aus den Butterkörnern. Das Wasser ist auf 4°C runtergekühlt, das Leitungswasser wäre im Sommer zu warm. Zwischendurch lässt er die ausgewaschene Flüssigkeit abfliessen und füllt den Behälter erneut mit kaltem Wasser. Dies wird dreimal durchgeführt und jedes Mal nur kurz manuell die Masse in der Mühle gedreht.
Das Wasser bleibt nun klar und er formt mit der Butter handballgrosse Kugeln. Diese knetet er zwei bis dreimal unter laufendem, kaltem Wasser, um die letzte Buttermilch heraus zu bringen und legt diese für die Weiterverarbeitung in ein mit Wasser gefülltes Becken.
In der Zwischenzeit ist Mariann mit dem Holzmödeli (die Butterform aus Holz) und dem Goldpapier angekommen. Das Holzmödeli wird mit kaltem Wasser abgespült und Bruno füllt es mit Butter. Mit Schwung drückt er die Butter in die Form und klopft sie mit dem Handballen bis in die Ecken. Mit einem Holzschaber streicht er die überstehende Butter weg und formt daraus wieder eine ovale Buttermasse. Mit dieser löst er dann sanft das Buttermödeli aus der Form und legt es auf das vorbereitete Papier. Mariann verpackt es feinsäuberlich und wartet auf das nächste. 200 gr und ein Blumen-Muster ist reliefartig in die Butter geformt. Der Laie staunt! Wieder zeigt sich hier das eingespielte Teamwork, welches auch bereits beim Melken ersichtlich war. Zum Schluss wird alles gereinigt und die Buttermödeli für den Verkauf am Freitag auf dem Markt in Thusis bereitgelegt.
Die Butter ist weich, geschmeidig, seidig und cremig in der Konsistenz. Beim Geschmack kann man die Qualität und die Bergblumen herausschmecken.
Auf dem Nachhauseweg summt die Beobachterin zufrieden «Hinder em Münschter het es Ankeweggemeitli Butterweggli feil, hinder em Münschter het es Ankeweggemeitli feil. Ankeweggemeitli Butterweggli feil, Butterweggemeitli Ankeweggli feil…» und freut sich auf das «Brütschi mit frischem Schmalz und Immihung!»
Hof Inderbitzin am Wochenmarkt in Thusis
Alp-Käse, Weissschimmel-Käse, Joghurt, Butter – Eine Auswahl wird Freitag Vormittags auf den Wochenmarkt in Thusis vor dem Coop verkauft.